Über die Textart



Gleichwohl es hier auch nicht um das Eigentliche, also den
Textinhalt geht, so will ich für den geneigten Leser keines-
falls auch hier die Mühe nicht scheuen, ein Begründung und
Darlegung, soweit ich auch ohne Literaturstudium dazu in der
Lage bin, zu liefern.

1.
     Ich empfinde es ausdrücklich nicht als Spagat einen Text
     so zu gestalten, dass er sowohl ein Gericht überzeugen kann,
     somit juristisch gefasst sein sollte, als auch durch eine
     Lesbarkeit dann bis hin zum geneigten amusement für ein
     interessiertes Publikum dienen kann.

     Ja, ich weiß wohl, dass u.a. Rothkegel (Technikkommunikation)
     dies anders sehen würden, und ich mich somit auch einigernmaßen
     Textartschubladisierungen entgegenstelle; ich aber
     argumentiere so:

     Solange die Multiversumstheorie nicht neuere Erkenntnisse
     liefert, leben wir -- als Kommunikationspartner -- in EINER
     Welt, und folglich sollte ich tendenziell für diese eine,
     unsere Welt schreiben, zumindest mal was die Kodierung der
     Gedanken in der deutschen Sprache beantrifft.

     Ich würde mir auch widersprechen und meinen Gegnern in der
     Argumentation recht geben, wenn ich von verschiedenen "Welten"
     ausginge, also von der Gerichtswelt und der Gesellschaft
     allgemein, kritisierte ich dies doch auch. Dann nehme ich
     lieber in Kauf, dass der eine oder andere Leser sich durch
     die Weitscheifigkeit der Exkurse und Wiederholungen belästigt
     fühlt. Nun denn, mag er überspringen und es als Schnellleseübung
     auffassen.

     Zumindest muß ich doch versuchen nicht auch noch einer
     Babylonisierung der Gesellschaft Vorschub zu geben, gleichwohl
     ich hinsichtlich dessen pessimistisch bin. Ich werd's nicht
     aufhalten können, wenn sich das "global village" in Parallelwelten
     zerlegt.

        Adressaten:
        * ein Gericht (deshalb Erwähnung und Zitierung von Gesetzen).

        * Nahestehende (im Sinne von Montaigne, deshalb essayartig),
          auch als Gedankennotiz.

        * weniger, die gesellschaftliche Allgemeinheit, dies
          mit ziemlicher Skepsis.

          Begründung der Skepsis:
          . Zunehmend kleiner werdende Gesprächsbasis durch
            Globalisierung = je mehr Leute desto kleiner der
            kleinste gemeinsame Nenner, Auflösung durch Desintegration.

          . Schon außerhalb der deutschen Verwaltungszone ist kaum
            noch was vom Inhalt von Interesse.


2.

     Ein Gerichtsverfahren ist eine Disputation, es geht darum
     dass ich meine Argumente verteidige. Im Gegensatz zur
     Disputation einer Dissertation stehen mir im Gerichtssaal
     keine neuzeitlichen Visualisierungshilfmittel zur Verfügung.
     Ich bin also auf das Wort angewiesen. Das mag auch seine
     Vorteile haben, denn das software-Werkzeug (einer natürlich
     amerikanischen Firma) beeinflusst eben doch auch, wenn auch
     sehr indirekt, das Ergebnis. Überspitzt formuliert würden
     wir bar jediglicher Grammatik bei Hieroglyphen und Kleiniconen
     enden, das kann nicht sein.

     Gleichwohl ein Buchdrucktrick, wie sie seinerzeit im
     Disputationsteil bei Kants Kritik der reinen Vernunft
     durchaus hier noch möglich ist, und im mündlichen Vortrag,
     dann eben auch linearisiert in sequentielle Reihenfolge
     zu bringen ist.

     Lach, eine Refertigung über zuerst Form und hier nun Art
     einer Niederschrift ist einerseits seit der Massenvermehrung
     von modeorientierten Layoutkünstlern und andererseits
     einer im deutschen Sprachraum spezialisierten Expertise
     der Textarten wohl notwendig geworden.

     Tja, so ist halt die Entwicklung, wenn der Inhalt, der
     nun als "content" bezeichnet ist, zu oft marginal wird.
     Und so endet alles und die gewisse Nabelschau im Rauschen,
     nachdem sie zuvor vom Winde verweht wurde.

     Die Schwergewichtung der Form und Art vor dem Inhalt
     ist auch ganz typisch für religiöse Angelegenheiten,
     wo durch reichlich Ausschmückung gelegentlich von eher
     unangenehmen und verwirrenden Inhalt abgelenkt wird.


3.

     Man möge mir nachsehen, dass ich mangels Uterum im Deutschen
     und um mir Tipparbeit zu ersparen, das Maskulinum verwende.
     Ich habe jedoch Verständnis für alle diejenigen, die durch
     teils recht lustige Konstruktionen mit Sonderzeichen
     besonders ihre Wähler_*/Innen zu einer Stimmabgabe bewegen
     wollen oder müssen.

     Die Verwendung von Großbuchstaben an nichterster Stelle
     im Wort sind üblich

     a) in Kommandos für von-Neumann-Rechner, bekannt beim
        Apache-Webserver.

     b) erstaunlicherweise auch zuerst im religiösen Bereich,
        eben da wo der HErr angesprochen oder zitiert ist.
        Denkbar wäre dann noch HErrIn ... (vielleicht auf der
        Basis 24/7?), wo es ja auch um Kommandos geht.

     Ich verzichte auf solche Spezialitäten, weil ich ja auch
     nicht bestimmend auftreten will, und mein Recht mir nicht
     durch Doktrin, sondern aufgrund Argumentation erbete.


4.

     Ich lehne sogar in wenigen Ausnahmen Schreibvorschriften ab,
     welche in ganz wenigen Fällen durch profilierungssüchtige
     Rechtschreibreformer entstanden sind.

     Beispiel: Ich unterscheide zwischen "aufwendig", wenn es
     darum geht durch Arbeit eine Not abzuwenden, und "aufwändig",
     wenn Dinge eine Wand hinauf orientiert sein sollen, und
     wenn es dazu notwendig sein sollte eines Schulmeisters
     Gemütszustand aufwändig zu bringen. Es kann gelegentlich
     wenig aufwendig sein um aufwändig zu wirken.


5.

     Obwohl es eher ein Gestaltungsproblem ist, sei die Thematik
     der Schusterjungen und Hurensöhne angesprochen, im Sinne von
     "schusterjungen"- und "hurensohn"-artigen Satz- oder Abschnitts-
     teilgebilden, die das Verständnis tangieren.

     Hier ist manueller Eingriff erforderlich. Mir ist keine
     KI ("kleine Intelligenz") bekannt, welche im praktischen
     Fall einer Seitengestaltung die Komplexität einer solchen
     Kontextabwägung bewältigen würde.